StartHintergrundWissenSchwalbenschwanz im Garten: Von der Raupe zum Schmetterling

Schwalbenschwanz im Garten: Von der Raupe zum Schmetterling

Der Schwalbenschwanz ist einer der grössten und auffälligsten Tagfalter der Schweiz. Auch die Raupen mit ihrer klassischen schwarz-grün-orangen Färbung fallen auf. Im letzten Monat habe ich einige dieser «Rüebliräupli» aufgezogen. Höchste Zeit also, den Schwalbenschwanz und seine Verwandlung von der Raupe zum Schmetterling unter die Lupe zu nehmen.

Der Schwalbenschwanz gehört schon seit meiner Kindheit zu meinen Lieblingsschmetterlingen. Es ist jedes Jahr aufs Neue faszinierend, die kleinen Räupchen bis zur Verpuppung zu begleiten. Und der Dank folgt dann im nächsten Frühling, wenn aus der Puppe ein wunderschöner Schmetterling schlüpft. In unserem Klima kommen meistens zwei Generationen dieses Tagfalters vor, im April/Mai und Juli/August lässt sich der Schwalbenschwanz deshalb besonders gut beobachten.

Um die Tagfalter in den Garten zu locken und zu fördern, braucht es sowohl Blumen für die Schmetterlinge als auch Futterpflanzen für die Raupen. Die Falter erfreuen sich vor allem an Wegrand-Arten wie Löwenzahn, Rot-Klee, Wiesen-Witwenblume oder Kratzdistel. Die Raupen ernähren sich ausschliesslich von Doldenblütlern wie Fenchel, Dill, Petersilie oder (Wilde) Möhre.

Raupenaufzucht leicht gemacht

Am liebsten haben die Raupen eine ganze Pflanze für sich allein. Deshalb werden die Eier (zumindest theoretisch) von den Faltern einzeln abgelegt, dabei werden durchaus grosse Distanzen zurückgelegt. Diese Beobachtung hätte ich bis vor diesem Jahr auch bestätigt — habe ich doch maximal drei bis fünf Räupchen auf meinen Fenchelpflanzen gefunden. Als ich dieses Jahr aus den Ferien zurückkam, hatte ich allerdings fast schon eine Plage von «Rüebliräupli» verschiedenster Grössen auf dem Fenchel. In Nullkommanix haben sich die Raupen dran gemacht, den Fenchel kahl zu fressen. Mir wurde klar, dass sich die Raupen gegenseitig das Futter wegfressen werden, wenn ich ihnen nicht alternative Futtermöglichkeiten zur Verfügung stellen. Also habe ich einen Raupenkasten improvisiert und wurde kurzerhand für einen Monat zur Pflegerin von rund einem Dutzend hungriger Mäuler.

Lange Zeit dachte ich bei der Raupenzucht an ein Konfitürenglas mit ein paar Löchern im Deckel. Auch wenn sich diese Haltungsmethode hartnäckig hält, sollte man Raupen auf keinen Fall in Gläsern halten. In einem Glas ist die Feuchtigkeit zu hoch, wodurch sich Bakterien und Krankheiten entwickeln können. Zudem finden die Raupen keinen Halt am Glas und die Schmetterlinge haben nach dem Schlüpfen nicht genug Platz, um ihre Flügel auszubreiten.

Am besten bietet sich direkt ein Raupenkasten an. Da ich auf die Schnelle keinen zur Verfügung hatte, habe ich mit einer grossen Plastikbox improvisiert, die ich mit Haushaltspapier ausgelegt und mit Ästen verschiedenster Art bestückt habe. An den Wänden fanden die Raupen auch genügend Halt, um hinaufzukriechen (und sich später sogar daran zu verpuppen!). Als Abdeckung habe ich ein Mückennetz verwendet. Je kleiner die Maschen, desto kleiner die Wahrscheinlichkeit, dass Parasiten wie Schlupfwespen hineingelangen.

Umstellen der Futterpflanze

Um die Raupen in den Kasten zu setzen, schneidet man am einfachsten die Futterpflanze, auf der die Raupe sitzt, möglichst weit unten ab und stellt sie in ein Glas mit Wasser, damit die Pflanze nicht verwelkt. Dabei darauf achten, dass die Raupen nicht aus Versehen ertrinken können. In meinem Fall habe ich eine Plastikfolie mit Gummiband über der Öffnung der Vase befestigt, und die Futterstängel durch kleine Löcher im Plastik gesteckt (siehe Bild oben). Mindestens einmal pro Tag sollte kontrolliert werden, ob noch genügend frisches Futter vorhanden ist.

Je älter und grösser die Raupen werden, desto hungriger werden sie. Obwohl ich noch zusätzlichen Fenchel gepflanzt hatte, reichten die Vorräte nicht aus und ich musste versuchen, die Raupen an eine andere Futterpflanze zu gewöhnen. Dies führte zu meinem täglichen Abendspaziergang, um Wilde Möhre zu pflücken — stets bewaffnet mit einer kleinen Vase, denn die Wilde Möhre verwelkt unglaublich schnell. Die Umstellung klappte dann zum Glück problemlos und mein Fenchel kann nun in Frieden seinen blätterlosen Ruhestand geniessen. Die Raupen futterten also weiter und häuteten sich alle paar Tage, wenn es in ihrem Körper wieder zu eng wurde.

Häutung einer Raupe. Hier sieht man auch gut den Unterschied in der Grösse einer noch jungen Raupe (oben) und einer fast ausgewachsenen Raupe (unten). Video: © Rhonda Müller.

Ab in den «Winterschlaf»

In den letzten paar Tagen vor der Verpuppung sind die Raupen dann noch einmal besonders hungrig. Aufgrund des Kots, der dabei anfällt, sollte man den Raupenkasten jeden Tag kurz ausmisten, indem man vorsichtig alle Äste und Futterpflanzen aus dem Kasten entfernt und das Haushaltspapier wechselt. Die Raupen möglichst nicht berühren, da sie, besonders wenn sie sich kurz vor einer Häutung befinden, sehr empfindlich sind.

Wenn die Raupen zur Verpuppung bereit sind, entleeren sie sich vollständig und beginnen rastlos umherzuwandern. Es kann schon einmal einen ganzen Tag dauern, bis sie den perfekten Ast gefunden haben. Trotz reichlicher Auswahl verschiedenster Äste hat sich bei mir dieses Jahr ein definitiver Favorit herauskristallisiert. Ganze sieben Raupen haben sich daran verpuppt. Hat die Raupe dann den perfekten Zweig gefunden, spinnt sie zunächst ein Seidenpolster für das hinterste Paar Füsse und einige Stunden später einen Seidengürtel um den Rest des Körpers (siehe Video unten).

Zeitraffer wie sich die Raupe mit einem Seidengürtel am Ast befestigt. Video: © Rhonda Müller.

So verharrt die Raupe anschliessend noch ein bis zwei Tage, bis sie sich zur Puppe häutet. Aus der Sommergeneration schlüpft dann nach circa zwei Wochen der Schmetterling. Die Wintergeneration hingegen überwintert als Puppe. Und zwar als fertig gebildeter Schmetterling innerhalb der Puppe. Erst im Frühling, circa Anfang Mai wird ein Schwalbenschwanz daraus schlüpfen und den Zyklus von vorne beginnen. Wann genau der Falter schlüpft variiert je nach Temperaturen. Deshalb ist es wichtig, dass der Raupenkasten den ganzen Winter über draussen, an einem vor Witterung geschützten Ort steht. Ansonsten fliegt der Schmetterling plötzlich im Dezember im Wohnzimmer umher. Damit die Puppen nicht austrocknen, sollte man die Wintergeneration ein- bis zweimal pro Monat mit Wasser einsprühen. Die Sommergeneration sogar alle ein bis zwei Tage.

Faszination Metamorphose — Was passiert in der Puppe?

Nachdem sich die Raupe verpuppt hat, beginnt ein faszinierender Prozess, bei der ein fast komplett neues Wesen entsteht. Was zunächst nach Magie klingt, ist höchst kompliziert und höchst faszinierend. Der Körper der Raupe stösst ein Enzym aus, der die Zellen in den Muskeln und Organen des Insekts auflöst. Nur die wichtigsten, lebenserhaltenden Zellen bleiben in dieser «Raupensuppe» zurück, wie beispielsweise die Tracheen, das Atmungssystem der Insekten. Auch eine Gruppe spezialisierter Zellen, sogenannte Imaginalscheiben, zersetzen sich nicht. Diese Imaginalscheiben befinden sich bereits im Embryo und legen fest, wo die typischen Strukturen eines Schmetterlings angesetzt werden. Sobald die Raupe ihr gesamtes Gewebe mit Ausnahme der Imaginalscheiben zersetzt hat, nutzen diese Scheiben die proteinreiche «Suppe» um sie herum, um die Zellteilung anzutreiben. Diese ist erforderlich, für die Bildung von Flügeln, Fühlern, Beinen, Augen, Geschlechtsorganen und anderen Merkmalen des Schmetterlings.

Auf Wiedersehen und bis zum nächsten Mal

Ab April sollte man den Kasten täglich auf geschlüpfte Falter kontrollieren. Teilweise schimmern sogar schon die Flügel des Schwalbenschwanzes durch die Haut der Puppe. Dies deutet an, dass er kurz vor dem Schlüpfen ist. Nach dem Schlüpfen braucht der Schwalbenschwanz erstmal einige Stunden Zeit, um in Ruhe seine Flügel zu entfalten und auszuhärten. Auch danach bleiben sie gerne noch ein Weilchen in der Sonne sitzen. Dies ist der Moment, um ein paar letzte Fotos zu schiessen und auf Wiedersehen zu sagen. Vielleicht finden sich ja schon bald die Eier der aufgezogenen Schwalbenschwänze auf dem Fenchel?

Nachdem die Schmetterlinge geschlüpft sind und ihre Flügel ausgehärtet haben, verweilen sie oft noch einen Moment in der Sonne, bevor sie davonfliegen. Bild: © Rhonda Müller.

Darf man einfach so Raupen einfangen?

Die Aufzucht von Schmetterlingsraupen ist faszinierend und besonders für Kinder eine lehrreiche Erfahrung. Für die Erhaltung der Arten bringt es jedoch nichts und es viel wichtiger, dass ihre Lebensräume gefördert und geschützt werden. Deshalb sollten einige Punkte bei der Aufzucht beachtet werden:

  • Nur häufige, nicht geschützte Arten aufziehen. Einige Arten sind in der Schweiz oder einzelnen Kantonen geschützt und dürfen nicht eingefangen werden.
  • Nur wenige Raupen der Natur entnehmen.
  • Weder die Raupen noch die Puppen drinnen halten, ansonsten kann es sein, dass die Schmetterlinge zu früh schlüpfen.
  • Die geschlüpften Falter am dem Ort freilassen, an dem die Raupen gefunden wurden.

Weitere Informationen und Quellen:
www.schwalbenschwanz.ch
www.scientificamerican.com/article/caterpillar-butterfly-metamorphosis-explainer/
www.pronatura.ch/de/schmetterlingsfreundliche-gaerten

2 Kommentare

    • Herzlichen Dank! Genau, egal wie kalt, die Raupen und Puppen müssen draussen bleiben, ansonsten schlüpfen sie eventuell zu früh und verhungern mangels geeigneten Blütenpflanzen. Die Tiere sind an unser Klima angepasst, also auch wenn es Nachts unter Null Grad wird, werden sie daran nicht sterben.

      Liebe Grüsse
      Rhonda

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