StartHintergrundWissenEine ganz gewöhnliche Meisenfamilie

Eine ganz gewöhnliche Meisenfamilie

Christine Dobler Gross
Christine Dobler Gross
Christine Dobler Gross ist begeisterte Naturgärtnerin. In ihrem Garten in Zürich hat es nicht nur Platz für viele verschiedene Pflanzen, sondern auch für Wildbienen, Glühwürmchen und andere Tiere. Sie ist Präsidentin des Vereins Natur im Siedlungsraum NimS. Im Blog «Hotspot Naturgarten» schreibt sie regelmässig über Beobachtungen aus ihrem Naturgarten.

Die Geschichte unserer Kohlmeisenfamilie: Am Montagmorgen 14. Mai verlassen sie bei regnerischem Wetter mit vier Kinderchen den sicheren Ort im dritten Stock auf unserm kleinen Balkon und verbringen einen ziemlich gefährlichen Tag in unserem Garten – mein Job ist es, ab 7 Uhr auf sie aufzupassen und Katzen, Elstern und andere Grossvögel fernzuhalten – natürlich habe ich ja nichts anderes zu tun…

Das Haus der Meisenfamilie liegt neben den Nistkästen der Mauersegler und unter der Nisthilfe für Wildbienen und -wespen.

Haus mit vogelhaus und Nisthilfen für Wildbienen.
Hier wohnen die Kohlmeisen in tierischer Nachbarschaft. © Christine Dobler Gross

Es ist eigentlich ein Mauerseglerkasten, er war aber zu klein, so dient er nun einfach allem, was darin Schutz suchen will: Vögeln in der Nacht, Feldwespen im Winter… Dass die Kohlmeislein darin nisten wollen, daran hätte ich nie gedacht! Wohnungsnot im Seefeldquartier??

Im Vogelhäuschen nisten sich Kohlmeisen ein.
Die Kohlmeisen-Familie hat es sich im Mauerseglerkasten gemütlich gemacht. © Christine Dobler Gross

Die Meislein füttern die Kleinen unentwegt. Zum Glück gibts in unserm Garten noch einige Insekten, auch Blattläuse für die kleinen Schnäbel, Raupen, Spinnlein… alle diese Kleinlebewesen werden laufend weniger in einer Welt von mehr Beton, steriler werdenden Gärten und vergifteten Landwirtschaftsflächen. Mit ihrem Verschwinden mangelt es an Futter für die Vögel und für andere Lebewesen – und natürlich auch an Bestäubern.

Kohlmeise mit Futter im Schnabel im Garten.
Die Vogeleltern sind emsig dabei, ihre Kleinen zu füttern. © Christine Dobler Gross
Kohlmeise mit Schmetterlingsraupe im Schnabel.
Ein wenig schade um die Schmetterlingsraupen… © Christine Dobler Gross
Zwei Meisen auf dem Geländer, einer hat eine Wolfsspinne im Schnabel.
Mama and Papa gleichzeitig auf dem Geländer: Papa bringt eine Wolfsspinne mit Eipaket, Mama wirkt ein wenig brüskiert! © Christine Dobler Gross

Heute morgen verlässt das erste und kräftigste (so sieht es eigentlich gar nicht aus…) seinen sicheren Ort. Vis à vis auf dem Dach wartet schon eine Elster auf ein leckeres Mal… Ich bin natürlich zur Stelle und passe auf.

Eine Junge Meise sitzt vor dem Nistkasten.
Gar nicht so leicht, sich als Jungvogel zu behaupten. © Christine Dobler Gross
Eine junge Meise sitzt auf dem Balkon.
Dieser da braucht noch einen kleinen Effort, um den Sprung ins Ungewisse zu wagen… © Christine Dobler Gross

Schlussendlich landen alle vier Kleinen sicher auf dem Boden. Seither streifen sie im Garten umher – titititititi aus jeder Ecke, die Eltern versuchen sie zusammenzuhalten und füttern sie weiterhin unentwegt. Unglaublich, mit welch akrobatischem Geschick sie jeden Halm absuchen! Hoffen wir, die Familie gelangt nachts auf einen sicheren Ast in einem dichten Gebüsch und bleibt tagsüber unentdeckt von Räubern!

Die Kohlmeisenfamilie, mit vier Jungvögeln, sind am Boden.
Die Kohlmeisen-Familie hat es sicher vom Balkon auf den Boden geschafft. © Christine Dobler Gross

Und wenn man sich im Naturgarten umschaut, stellt man fest, dass Gejagte selber Jäger sind, und so findet ein ständiges Fressen und Gefressenwerden statt – nur wir Menschen sind nicht Teil der Nahrungskette, es sei denn, wir wählen die Erdbestattung und lassen uns von den vielen kleinen emsigen Bodelebewesen zurückbauen.

Springspinne frisst Fliege.
Fressen und Gefressenwerden im Naturgarten. © Christine Dobler Gross

2 Kommentare

  1. Ein wunderschöner Beitrag! So einfühlsam und erfrischend humorvoll geschrieben. In meinem Garten geht es ähnlich zu und her. Wenn ich Warnrufe höre renne ich jeweils hinaus um irgendwelche «Bösewichte» zu vertreiben, seien es Elstern Krähen oder der Mäusebussard. Aber eben, die müssen ja auch irgend etwas fressen zum überleben… aber «unsere eigenen» Jungvögel eben nicht… 🙂 Was es nicht alles gibt: Wir haben auch noch ein Huhn im Garten, das aber kein Huhn ist sondern ein Star….. ein Star der offenbar irgendwo auf einem Bauernhof eine Saison verbracht hat….

  2. Liebe Christine L. Danke für dein Kompliment. Bei uns hat ein Star ein Handy und klingelt immer wieder…..Ich werde immer mal wieder gefragt, ob die Meisenfamilie überlebt hat. Ich weiss es nicht, aber die ersten zwei Tage, die kritischsten, habe ich sie noch im Fokus gehabt, dann sind sie wohl weitergezogen. Jetzt habe ich ein Amselnest mit Jungen zum Beobachten, den Eltern hängen immer etliche Regenwürmer links und rechts zum Schnabel raus, hoffentlich mögen die Jungen diese einseitige Kost!

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