Das kantonale Bienenkonzept zeigt Massnahmen zur Bienenförderung im Kanton. Eine wichtige Rolle spielen die Unterhaltsdienste der Gemeinden. Bei der Bewirtschaftung und Flächen können und sollen sie aktiv die Bienenbestände unterstützen.
Jeden Frühling ist es wieder zu hören, das Bienensummen. Ein eindeutiges Zeichen für den Flug der Bienen und die Bestäubungsleistung, welche damit einhergeht. Als Bestäuber haben Wildund Honigbienen für Biodiversität und Wirtschaft eine grosse Bedeutung. Gleichzeitig werden ihre Bestände durch vielfältige Faktoren bedroht: Es mangelt den Bienen an Lebensräumen, hinzu kommen Krankheiten und manchmal eine nicht bienenförderliche Bewirtschaftung von Feld, Wald und Gärten. Diesen Bedrohungen soll mit Massnahmen entgegengewirkt werden.
Verschiedene Bedürfnisse von Wild- und Honigbienen
Die Bienen fliegen von Blüte zu Blüte und sammeln dabei Nektar und Pollen als Nahrung. Dabei gibt es zwischen den verschiedenen Bienenarten grosse Unterschiede bezüglich der Nahrungspflanzen, welche sie besuchen. Die als Nutztier gehaltene Honigbiene sammelt zum Beispiel Pollen von unterschiedlichen Pflanzenfamilien. Hingegen sind viele Wildbienen auf den Besuch einzelner Pflanzenfamilien oder -gattung spezialisiert. Auch in ihren. Lebensweisen unterscheiden sich Wild- und Honigbienen: Im Gegensatz zur Honigbiene leben Wildbienen in der Regel solitär und haben einen bedeutend kleineren Flugradius. Dies hat zur Folge, dass Wildbienen auf geeignete Nistplätze in der Nähe ihrer Nahrungspflanzen angewiesen sind. Verglichen mit der Honigbiene sind die Ansprüche der Wildbienen an ihren Lebensraum also teilweise sehr hoch. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass von einer gezielten Wildbienenförderung viele andere Bestäuber, unter anderem die Honigbiene, profitieren.
Warum Bienen wichtig sind
Als Bestäuber spielen Wildund Honigbienen in den Ökosystemen eine grosse Rolle. Zum einen sind viele landwirtschaftliche Kulturen auf die Bestäubung durch die Bienen angewiesen. Unter anderem sind dies die Beerenund Obstkulturen, Raps, Sonnenblumen, Ackerbohnen und verschiedene Gemüsesorten. Die Bestäubungsleistung in diesen Kulturen wurde 2014 für die Schweiz auf 342 Mio. Franken geschätzt.
Neben den Kulturpflanzen sind aber selbstverständlich auch sehr viele Wildpflanzen sowie in Privatgärten angepflanzte Arten auf eine ausreichende Bestäubung angewiesen. Die Bestäubungsleistung der Wildbienen ist in etwa gleich hoch wie die der Honigbiene. Dabei fliegen die Wildbienen auch bei tieferen Temperaturen und schlechteren Witterungsbedingungen. Zudem ist der Frucht- und Samenansatz von Wild- und Kulturpflanzen höher, je grösser die Diversität der sie besuchenden Bestäuber ist. Für eine gute und zuverlässige Bestäubung sind die Wildbienen also mindestens so wichtig wie die Honigbiene.
Bienenbestände im Kanton Zürich
Im Jahr 2019 wurden im Kanton Zürich 2200 Honigbienenstände gemeldet. Dies entspricht einer Distanz von rund 480 Metern von Stand zu Stand. Bei einem Flugradius der Honigbienen von zwei bis drei Kilometern ist die Honigbienendichte im Kanton Zürich also hoch. Mit einer hohen Dichte steigt bei den Honigbienen aber auch das Risiko für die Ausbreitung infektiöser Krankheiten. Tatsächlich sind Krankheiten ein möglicher Faktor für das sogenannte «Bienensterben», von welchem in den vergangenen Jahren bei der Honigbiene berichtet wurde.
Bei den Wildbienen ist die Populationsentwicklung aufgrund ihrer solitären Lebensweise schwieriger zu beobachten. Jedoch gelten gemäss der Roten Liste aus dem Jahr 1994 – eine neue ist in Erarbeitung – bereits 45 Prozent der in der Schweiz einheimischen Wildbienenarten als gefährdet. Für sieben dieser Arten trägt der Kanton Zürich eine besondere Verantwortung, da sie in der Nordschweiz sehr selten sind, im Kanton Zürich aber noch vorkommen. Für fünf davon werden seit mehreren Jahren im Rahmen des Aktionsplans Wildbienen der Fachstelle Naturschutz Fördermassnahmen umgesetzt.
Was die Bienen gefährdet
In den landwirtschaftlich geprägten Gebieten herrscht in der Zeit zwischen Ende Mai und Ende August ein Blütenmangel, die sogenannte Trachtenlücke. Hauptursache dafür sind der Schnittzeitpunkt der extensiven Wiesen in Tallagen am 15. Juni, sowie das Verblühen der landwirtschaftlichen Hauptkulturen. Das häufige Mähen vieler Grünflächen, wodurch diese kaum zur Blüte gelangen, und das Unterdrücken der Ackerbegleitflora in Ackerkulturen mit Herbiziden verschärfen den Trachtenmangel zusätzlich (Artikel «Naturschonender Böschungsunterhalt»).
Durch die Intensivierung der Landwirtschaft und wegen des Einsatzes von schlagkräftigen Maschinen sind ausserdem viele Strukturelemente aus der Landschaft verschwunden. Solche Strukturen sind aber zentraler Bestandteil der Wildbienenlebensräume, da die Wildbienen zum Nisten auf eine kleinstrukturierte Landschaft mit offenen Bodenstellen und besonnten Kleinstrukturen angewiesen sind (Fotos unten). Wegen des geringen Flugradius der Wildbienen müssen geeignete Nistplätze zudem in der Nähe ihrer Nahrungspflanzen bestehen.
Beitrag von Bewirtschaftungspraxis und Krankheiten
Neben dem Mangel an Nahrungspflanzen und Lebensräumen hat auch die gängige Bewirtschaftungspraxis einen Einfluss auf die Bienenbestände. So kann zum Beispiel der Einsatz von Mähaufbereitern bei der Mahd Verluste bis zu 60 Prozent bei den im Feld vorhandenen Bienen verursachen, da die Insekten in die Maschine hineingezogen und dort zerquetscht werden (Foto oben). Eine unsachgemässe Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (PSM) durch die verschiedenen Anwender kann zudem für ganze Bienenvölker und Wildbienenpopulationen tödlich enden oder den Bienen längerfristigen Schaden zufügen.
Schliesslich zählen auch Krankheiten zu den aktuellen Bedrohungen für die Bienen. Bei den Honigbienen sorgt die Varroamilbe für die meisten Völkerverluste, daneben sind aber auch die Bakterienkrankheiten Faul- und Sauerbrut wichtige und ansteckende Bienenseuchen, welche in der Schweiz zu bekämpfen sind.
Wildbienen sind auf geeignete Nistplätze in der Nähe ihrer Nahrungspflanzen angewiesen. Geeignete offene Bodenstellen oder Strukturen können gezielt gefördert oder geschont werden. © Gilles San Martin, Flickr, CC BY-SA 2.0 © S. Rae, Flickr, CC BY 2.0
Massnahmen für die Bienenförderung
Im Lauf des letzten Jahrs wurde in Zusammenarbeit von kantonalen Fachstellen und Experten ein Bienenkonzept für den Kanton Zürich erarbeitet. Darin werden Handlungen vorgestellt, welche sich an die unterschiedlichen Akteure im Bereich der Bienenförderung richten: Landwirte und Landwirtinnen, Forstdienste, Unterhaltsdienste, Naturschutzvereine, Imker und Imkerinnen, sowie Private. Im Folgenden werden die Massnahmen, welche auch die Unterhaltsdienste betreffen, genauer vorgestellt.
Bienenfreundlich mähen
Die Bewirtschaftungspraxis kann so angepasst werden, dass Bienen direkt profitieren: Auf blühenden Flächen sollten keine Mähaufbereiter eingesetzt werden. Ausserdem sollte der Mähzeitpunkt ausserhalb des Bienenflugs gewählt werden, das heisst es sollte weniger als eine Biene pro Quadratmeter vorhanden sein. Durch einen Schnitt ausserhalb des Bienenflugs wird sichergestellt, dass sich von vornherein nicht viele Bienen in der Fläche befinden. Wird anstelle eines Rotationsmähwerks ein Messerbalken verwendet, wird verhindert, dass die Bienen im Mähwerk zerquetscht werden. Mit beiden Handlungen werden die direkten Verluste der Bienen durch das Mähen reduziert.
Indirekt zugute kommen den Bienen auch Extensivierungen von Flächen, die Reduktion der Anzahl Schnitte pro Jahr, die gestaffelte Mahd von Flächen sowie das Stehenlassen von Rückzugsstreifen. Solche Massnahmen sorgen dafür, dass die Bienen ein verbessertes Nahrungsangebot antreffen, da durch eine Reduktion der Anzahl Schnitte mehr Flächen zur Blüte gelangen, sie nach dem Schnitt aber gleichzeitig auch noch andere blühende Flächen vorfinden, auf welche sie ausweichen können. Auch Strukturelemente wie Brachen oder Hecken mit einem blütenreichen Krautsaum sind von Vorteil für die Nahrungssuche der Bienen.
Wildbienen und Honigbienen sind für die Bestäubung der Kulturen gleichermassen wichtig. © ykaiavu, via Pixabay
Geeignete Strukturelemente als Nistplätze fördern
Vor allem Wildbienen sind darauf angewiesen, dass in der intensivierten Landschaft Strukturelemente an Stellen erhalten oder neu angelegt werden, welche als Nistplätze geeignet sind. Viele Wildbienen sind Bodennister und benötigen offene, gut besonnte Bodenstellen mit keinem oder nur lückenhaftem Bewuchs (30–40% offene Fläche pro Quadratmeter), um darin ihre Nester zu graben. Dazu eignen sich vor allem offene Bodenstellen, welche durch eine intensive Beanspruchung natürlicherweise zustande kommen. Zum Beispiel sind dies regelmässig genutzte Trampelpfade oder Flächen, die als unbefestigte Wege erhalten werden. Daneben sind auch Kanten und Abstürze mit offenem Bodenaufschluss, Steinhaufen und Findlinge mit Sandflächen und offenem Boden, Sandlinsen und -haufen sowie Erdhaufen als Bodennistplätze gut geeignet.
Die Förderung und der Erhalt dieser unterschiedlichen Elemente ist an vielen Stellen möglich: in Obstgärten oder in Rebanlagen, an Waldrändern, in extensiven und nicht zu wüchsigen Wiesen, entlang ungeteerter Feldwege oder auch an kleineren Geländekanten und steilen Hängen. Für Wildbienen, welche Hohlräume, Morschholz oder Stängel bewohnen, können als Nistplätze hohle Pflanzenstängel, Totholz, Asthaufen und Holzbeigen erhalten oder angelegt werden.
Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren und optimieren
Um die negativen Effekte der Einsätze von Pflanzenschutzmitteln (PSM) auf Bienenvölker zu minimieren, sollte neben der Wahl der richtigen Mittel darauf geachtet werden, dass diese nicht während des Bienenflugs (keine zeitliche Überlappung) oder direkt auf die Blüten (keine räumliche Überlappung) gespritzt werden. Damit der Kontakt der Bienen mit den Mitteln möglichst gering gehalten wird, sollte zudem eine präzise Applikationstechnik verwendet werden. In der Landwirtschaft ist für die Bienenförderung ausserdem der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel in bestimmten Kulturen sinnvoll.
Nährstoffarme Wiesen schaffen
Wegen ihrer hohen Artenvielfalt, des hohen Blütenangebots, der längeren Blühdauer und des häufigeren Vorkommens offener Bodenstellen sind nährstoffarme Wiesen für Wildbienen besonders attraktiv. Um solche Flächen im Kanton Zürich zu fördern, können entweder nährstoffreiche Wiesen ausgemagert oder nährstoffarme Wiesen neu eingesät werden. Daneben können nährstoffarme Flächen auch im Rahmen der Rekultivierung von Abbaustellen durch den Einbau von entsprechendem Material in den obersten 1.5 Metern geschaffen werden.
Blühstreifen in Feldern, artenreiche, blühende Magerstandorte sowie das selektive Stehenlassen von Wiesenbereichen beim Mähen fördern die Wildbienenbestände. © Agroscope, Flickr, CC BY-ND 2.0 © I. Flynn
Sind es gewisse Pflanzenschutzmittel, das Fehlen nährstoffreicher Nahrung oder eine Kombination davon? Europäische Fachleute sowie Agroscope wollen Massnahmen zur Gesunderhaltung von Honig- und Wildbienenpopulationen entwickeln und optimieren.
Einsätze zeitlich flexibel gestalten
Damit den Unterhaltsdiensten beim Schnittzeitpunkt der bewirtschafteten Grünflächen mehr Flexibilität ermöglicht wird, ist die Anschaffung von Maschinen prüfenswert. Auf diese Art könnten die Einsätze der Unterhaltsdienste zeitlich flexibler gestaltet werden. Zudem könnten weitere Anpassungen für eine bienenfreundliche Mahd vereinfacht umgesetzt werden, zum Beispiel das Vermeiden der Mahd während des Bienenflugs, der gestaffelte Schnitt von Flächen oder das Stehenlassen von Rückzugsstreifen.
Im Auftrag des Kantons Bienen fördern und schützen
Um die Massnahmen zur Bienenförderung im Kanton Zürich optimal zu koordinieren und um eine zentrale Anlaufstelle für alle (Wild-) Bienenfragen zu schaffen, wird gemäss Handlungsempfehlung des kantonalen Bienenkonzepts ein Mandat für eine kantonale Bienenbeauftragte beziehungsweise einen kantonalen Bienenbeauftragten vergeben. Diese Person ist auch für alle Unterhaltsdienste die erste Ansprechperson, wenn sie Fragen zur Umsetzung der oben genannten Massnahmen haben oder weitergehende Massnahmen zur Förderung der Bienen in ihrer Gemeinde ergreifen wollen. Die Kontaktangaben werden den Gemeinden zugestellt, sobald das Mandat vergeben ist und die Stelle ihre Arbeit aufnimmt.
Auch Akteure im Bereich der Landwirtschaft, der Forstdienste oder des Naturschutzes können die Bienen unterstützen. Im kantonalen Bienenkonzept werden entsprechende Massnahmen vorgeschlagen. Zum Beispiel:
– Landwirtschaft: Erhöhter Blütenanteil im intensiv bewirtschafteten Grünland; Anlegen und Erhalten von Struktureinheiten an sonnigen Standorten und in der Nähe eines kontinuierlichen Nahrungsangebots
– Forstdienste: Bienenfreundliche Waldrandaufwertungen und -unterhalt
– Naturschutz: Bekanntmachen und Fördern von Kursen und allgemeinen Informationen zu Wildbienen; Schaffung von nährstoffarmen Wiesenflächen
– www.zh.ch/naturschutz (Artenschutz, Abschnitt Bienen)
– www.zh.ch/landwirtschaft (Bienenkonzept)
– www.agridea.ch (Merkblatt «Erntetechnik und Artenvielfalt in Wiesen»)
Bienenstände oder Mutationen melden
Wer einen Bienenstand übernimmt, abgibt oder die Zahl seiner Bienenvölker ändert, muss dies dem Veterinäramt melden.
Im Siedlungsraum: bitte richtet den Fokus auch vermehrt auf den Handlungsbedarf in Privatgärten und Familiengartenarealen bei den Massnahmen für Bienenförderung: da besteht einerseits ein grosses Potential an Flächen mit kleinstrukturierten Lebensräumen und andererseits – Handlungsbedarf, besonders in Privatgärten. Entsiegelungen an geeigneten Orten im Siedlungsraum sollten ebenfalls geprüft werden (Ruderalstandorte für bestimmte, besonders wertvolle Pflanzen und Bodensubstrate für bodennistende Wildbienen). Das kann auch ein privater Parkplatz sein, wo das Auto trotzdem Platz hat. Zentral im Ganzen sind auch die Unterhaltsdienste der Privaten, Wohnsiedlungen usw.: alle machen dasselbe (da muss es ja richtig sein????): radikal sauber und – auf Kosten der Natur.