StartNewsGesellschaftGefährliche Reise in den Süden

Gefährliche Reise in den Süden

Zurzeit durchfliegen Millionen von Vögeln die Schweiz. Doch geeignete Rastgebiete fehlen in der intensiv genutzten Landschaft oft und die Reise in den Süden ist gefährlich: Unzählige Wilderer warten rund ums Mittelmeer auf die gefiederten Weltenbummler. Die BirdLife-Partner kämpfen engagiert für die Zugvögel, wie aktuelle Erfolgsstorys zeigen.

Rund 50 bis 100 Millionen Zugvögel überqueren derzeit die Schweiz auf ihrer Reise ins Winterquartier; europaweit sind es sogar mehrere Milliarden, berichtet eine Medienmitteilung von BirdLife Schweiz. Die Leistungen der wenigen Gramm schweren Singvögel wie auch der grösseren majestätisch schwebenden Greifvögel oder Störche sind faszinierend. Doch nicht alle Vögel werden ankommen – unterwegs warten viele Gefahren auf sie. Denn auch die Wilderer sind jetzt rund um das Mittelmeer wieder aktiv: Laut einer wissenschaftlichen Studie von BirdLife International fallen ihnen jedes Jahr rund 25 Millionen Vögel zum Opfer. Darüber hinaus fehlen vielen Zugvögeln geeignete und nahrungsreiche Lebensräume als Rastgebiete. Im Landwirtschaftsland finden sie kaum mehr Brachen oder Stoppeläcker und nur noch wenige Hecken.

Um dem Treiben der Wilderer ein Ende zu setzen, sind in den meisten Ländern rund um das Mittelmeer BirdLife-Partner aktiv. Sie konnten in den letzten Jahren teils schöne Erfolge erzielen:

  • In Zypern und den angrenzenden britischen Militärbasen sanken die einst enormen Netzfang-Aktivitäten durch Wilderer seit 2002 um rund 90 Prozent. Überdies konnten mit versteckten Kameras 26 Wilderer überführt und verurteilt werden – ein wichtiges Zeichen an die anderen Täter. Dieser Erfolg war möglich durch die Zusammenarbeit von BirdLife Zypern mit der britischen und der zypriotischen Polizei und RSPB/BirdLife UK. Doch der Kampf geht weiter: Ohne Druck durch BirdLife Zypern und Partner wie das Komitee gegen den Vogelmord würden die Fangzahlen sofort wieder nach oben schnellen. BirdLife Schweiz unterstützt Projekte des BirdLife-Partners vor Ort im Kampf gegen die Wilderei finanziell.
  • Auch die Lipu/BirdLife Italien kann wichtige Zwischenerfolge aufweisen. An der Strasse von Messina schossen Wilderer vor 30 Jahren noch 5000 Wespenbussarde pro Jahr ab. Dank dem Einsatz der Lipu sind es heute nur noch 150 bis 200.
    Auch in anderen Regionen sind die Feldteams der Lipu jedes Jahr zur Zugzeit unterwegs und suchen Netze und Leimruten. Immer wieder können so Wilderer überführt werden. Doch die Übermacht der Wilderer ist gross: Noch immer müssen rund 5,6 Millionen Vögel pro Jahr in Italien ihr Leben lassen. BirdLife Schweiz unterstützt die Lipu beim Aufbau eines neuen Anti-Wilderei-Programms und bei der Aufklärungsarbeit.
  • In Malta erreichte BirdLife Malta zusammen mit Partnern, dass keine durchziehenden Finken mehr gefangen werden dürfen. Weiterhin legal ist der Fang von Singdrosseln und Goldregenpfeifern. Der BirdLife-Partner kämpft für bessere Jagdgesetze und gegen die grassierende Wilderei das ganze Jahr über. BirdLife Malta pflegt zudem angeschossene Vögel wie Wespenbussarde, Störche oder Flamingos gesund.

Auch in Frankreich, Spanien, Ägypten, im Libanon oder auf dem Balkan sind BirdLife-Partner aktiv gegen die Wilderei. «Die Erfolge unserer BirdLife-Partner sind ermutigend», sagt Werner Müller, Geschäftsführer von BirdLife Schweiz. «Doch die Regierungen und Behörden der einzelnen Länder müssen noch mehr tun und die Wilderei mit hoher Priorität bekämpfen.»

Für Werner Müller ist indes klar, dass die Probleme der Zugvögel nicht nur in den Mittelmeerländern zu finden sind. «Die meisten der Langstreckenzieher sind Insektenfresser und als solche durch das Insektensterben und die zu intensive Landwirtschaft auch bei uns in der Schweiz besonders betroffen.» Es ist daher wichtig, neben dem Kampf gegen die Wilderei auch den Schutz der Lebensräume und der Nahrungsgrundlage bei uns zu verstärken. Dazu muss sich die Agrarpolitik ändern, die heute falsche, oft sogar kontraproduktive Anreize setzt. Und es braucht den raschen Aufbau der ökologischen Infrastruktur, wie sie in der Strategie Biodiversität des Bundes vorgesehen ist.

BirdLife Schweiz sammelt Geld zugunsten der Zugvögel

Derzeit sammelt BirdLife Schweiz für wichtige Zugvogelschutz-Projekte in Zypern, Italien und der Schweiz. Mit dem Geld werden neue Anti-Wilderer-Teams unterstützt, aber auch Aufklärungsarbeit sowie Projekte in der Schweiz zugunsten der Zugvögel wie Neuntöter, Gartenrotschwanz oder Feldlerche.

Online-Spende: www.birdlife.ch/wilderei
Spendenkonto: BirdLife Schweiz, 8036 Zürich, PC 80-69351-6,
Vermerk «Zugvogel-Kampagne», IBAN: CH71 0900 0000 8006 9351 6

Zugvögel und Wilderei – einige Zahlen
Rund 25 Mio. Zugvögel fallen rund um das Mittelmeer jährlich den Wilderern zum Opfer. In dieser Zahl inbegriffen sind 20,1 Millionen Singvögel, 1 Million Wasservögel und 100’000 Greifvögel.
• Die meisten Vögel werden in den folgenden drei Ländern gewildert: Ägypten (5,7 Millionen),Italien (5,6 Millionen) und Syrien (3,9 Millionen).
• In Frankreich fangen Wilderer jedes Jahr bis zu 30’000 Ortolane, um sie zu mästen und danach an Restaurants zu verkaufen. Die Ammer-Art hat in Mitteleuropa stark abgenommen, in der Schweiz brütet sie seit wenigen Jahren gar nicht mehr.
• In Malta brütet aufgrund der Wilderei keine einzige Greifvogel-Art mehr. Auch die Schleiereule wurden deswegen ausgerottet.
• In der Schweiz haben die sogenannten Zielarten Landwirtschaft, für welche die Agrarpolitik und die Landwirte besonders sorgen sollten, in den letzten 26 Jahren laut der Vogelwarte um rund 60 Prozent abgenommen – primär aufgrund des Verlustes an Lebensräumen und Nahrung.

1 Kommentar

  1. Ich verstehe ja, dass BirdLife Spenden generieren muss und finde, BirdLife macht eine gute Arbeit. Doch dieser Artikel ist sehr schönfärbend. Der grosse Anteil am Rückgang des Vogelfangs in Zypern trägt das Komitee gegen den Vogelmord (CABS), unterstützt von der Stiftung pro Artenvielfalt. Auch in Italien und Malta ist das Komitee aktiv und verrichtet wichtige Feldarbeit. Dass BirdLife die Erfolge nun als eigene feiert, finde ich schade. Arbeitet doch bitte zusammen, nutzt Synergien und kommuniziert fair.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte Kommentar eintragen
Bitte geben Sie ihren Namen hier ein

Newsletter Anmeldung

Erhalten Sie die neusten Jobs und News.

Dank Ihrer Hilfe können wir spannende Artikel aufbereiten, den Veranstaltungskalender pflegen und die Job-Platform betreuen.

TOP-NEWS