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Kraftwerk Rheinau: Jetzt reicht’s!

Das Kraftwerk Rheinau wird seit mehr als einem halben Jahrhundert fast ohne Restwasser betrieben. Sämtliche Fristen zur Behebung der prekären Zustände sind ungenutzt verstrichen. Aqua Viva erwägt nun eine Klage.

Aqua Viva hat genug von den Jahren des Wartens bei Rheinau. Der Rhein in der Schlaufe rund um Rheinau soll ab sofort endlich wieder fliessen, und zwar richtig. Seit mehr als 25 Jahren ist die Restwassersanierung fällig. Die letzte verlängerte Frist nach Schweizer Gesetz ist 2012 abgelaufen. Dennoch gibt das Kraftwerk Rheinau nach wie vor lediglich 5m3/s Restwasser in die Rheinschlaufe ab – und dies in einem Gebiet, das im Bundesinventar der Landschaften von nationaler Bedeutung als besonders wertvoll anerkannt wird. Aqua Viva prüft zurzeit entsprechende rechtliche Schritte.

Die Gewässerschutzorganisation Aqua Viva fordert nun eine sofortige Erhöhung der Restwassermenge auf 150m3/s, sowie die Absenkung der Hilfswehre. Dies entsprechend den Vorgaben der beiden Kommissionen der Denkmalpflege und des Natur- und Heimatschutzes. Zusätzlich prüfen sie zurzeit entsprechende rechtliche Schritte, wie Aqua Viva berichtet.

Rheinfall soll zu seiner wahren Grösse zurück

Zum Konzessionsende 2036 kann, nach 80 Jahren Laufzeit des Kraftwerks, eigentlich nur ein vollständiger Rückbau die Probleme lösen. Sollte dies unmöglich sein, fordert Aqua Viva den Umbau des Ausleit- in ein Laufkraftwerk, wo der Zufluss oberhalb des Kraftwerks gleich hoch ist wie der Abfluss unterhalb. «Somit wäre zumindest die Restwassersituation gelöst, und die Rheinschlaufe würde wieder zu einem dynamischen, lebendigen Flussabschnitt. Die Hilfswehre könnten zurückgebaut werden. Mit einer tieferen Stauquote würde zusätzlich auch der Rheinfall zu seiner wahren Grösse zurück finden. Heute würde ein Kraftwerk nicht mehr in einem derart sensiblen Schutzgebiet gebaut werden» sagt Antonia Eisenhut, Geschäftsführerin von Aqua Viva. Produktionseinbussen sind im Vergleich zu einem gesetzeskonform sanierten Ausleitkraftwerk kaum zu erwarten. Der Gewinn für Mensch und Natur wäre immens.

Illegaler Gewinn durch zu wenig Restwasser

Kraftwerke, die ihre Restwassermengen entgegen der geltenden Gesetzgebung bis 2012 nicht angepasst haben, profitieren seither von einem Mehrwert. Das Kraftwerk Rheinau stellt zu wenig Restwasser zur Verfügung und turbiniert dieses Wasser stattdessen in der Ausleitung. Es erfährt so einen aus Sicht der Gewässerschutzorganisation illegalen Gewinn und einen Vorteil gegenüber anderen Kraftwerken, die wie vorgeschrieben restwassersaniert sind. Die Betreiberin Axpo gibt keine Auskunft über ihre mit diesem Werk erzielten Gewinne – obwohl Gewässer ein öffentliches Gut sind. Aqua Viva verlangt Transparenz über die seit Betriebsaufnahme in Rheinau erwirtschafteten Gewinne. Der Anteil des Erlöses, den die Axpo seit 2012 der Nicht-Sanierung zu verdanken hat, soll in einen Ökofonds fliessen und der Natur zu Gute kommen.

Das Ausleitkraftwerk Rheinau ging 1957 in Betrieb. Das Wasser wird in einem Stollen turbiniert, welcher die Rheinschlaufe um Rheinau an ihrer schmalsten Stelle abschneidet. Die Stauwurzel des Kraftwerkes reicht bis zurück zum Rheinfall und staut diesen im Mittel um 2m ein.
In der 4,5 km langen Rheinschlaufe rund um Rheinau fliessen seit 1957 an rund 230 Tagen im Jahr nur die in der Konzession festgelegten minimalen fünf Kubikmeter Restwasser pro Sekunde. Das sind nicht einmal 1,5 Prozent des mittleren Abflusses des Rheins, der oberhalb des Rheinfalls 367 m3/s beträgt. Damit die Rheinauer Klosterinsel nicht trockenfällt und der Rhein nicht zu einem Bächlein verkommt, wurden zusätzlich zum Kraftwerk in der Flussschlaufe zwei Hilfswehre gebaut. Diese stauen das wenige Restwasser so ein, dass das Landschaftsbild einer Insel aufrechterhalten wird. Die eindrücklichen Klosterwellen, die rauschenden Stromschnellen rund um die Insel, welche den schnellfliessenden Flussabschnitt geprägt haben, sind verschwunden. Aus der ursprünglichen, dynamischen Flusslandschaft wurde eine monotone Abfolge von drei Stauseen. Der Rheinaubund und in der Folge Aqua Viva setzen sich seit Jahrzehnten für eine lebendige Rheinschlaufe ein.

5 Kommentare

  1. Ich unterstütze die Massnahmen der Gewässerschutzorganisation Aqua Viva, damit endlich die gesetzliche Restwassermenge erhöht wird.

  2. Wieso wird mehr als 25 Jahre bis zu einer Anzeige gewartet???
    Das ist ja gerade die Taktik der Kraftwerk-Betreiber, in Graubünden läuft das genau gleich niemand schaut hin und die Regierung bewegt sich nicht. Evtl. sind das die Verwaltungsräte der Kraftwerke!

  3. Die von Aqua Viva postulierte Restwassermenge von 150 m3/sec ist bei einer mittleren Rheinwassermenge von 367 m3/sec eine Einbuße von 40,8%, womit der wirtschaftliche Betrieb der Staustufe vor allen in den Wintermonaten nicht mehr sichergestellt ist. Genau dort ist aber der Stromverbrauch am höchsten, durch die Abschaltung des AKW Mühleberg ging die Eigenstromproduktion der Schweiz von 45 auf 40% zurück, der Fremdstrom von 60% kommt vornehmlich von französischen Aromkraftwerken. Dies wird aber von Naturschutzkreisen entweder verdrängt oder bagatellisiert, wir sind auf Gedeih und Verderb vom Ausland abhängig. Das zu zerreden und in schöne Worte zu fassen, ist einfältig, den Fünfer und das Weggli gibt es nicht zusammen. Erst nachdenken, bevor man laut wird, hat noch niemandem geschadet.

  4. An Frau Eisenhut,
    Es gibt reine Laufkraftwerke, zB das Aarekraftwerk Ruppoldingen mit 15 MW, es hat nur wenig Rückstau und ist infolgedessen nur für Niederwasser ausgelegt. Die Aare als Alpenfluss hat aber starke jahreszeitliche Schwankungen, das meiste Wasser muss daher ungenutzt bleiben. Da helfen auch 2 Turbinen nicht weiter, man ist trotz Abschaltung einer Turbine bei Niederwasser nicht wirklich flexibel.
    Die Staustufe Rheinau ist Ausleitkraftwerk und hat mit ca 38 MW mehr als die doppelte Leistung, der Aufstau reicht bis ins Rheinfallbecken, nur damit ist eine nahezu kontinuierliche Stromerzeugung sichergestellt. Bei einer durchschnittlichen Strombreite von wenigstens 60 Meter, einer Tiefe des Rheins von 4 Meter und der Stromlänge bis zum Rheinfall von 5 Km ergibt sich ein Aufstauvolumen von 1,2 Mio m3, was den abendlichen Bedarf an Spitzenstrom sicher abpuffern kann.
    Sie ersehen daraus, verehrte Frau Eisenhut, dass sich die Schweizer Stromwirtschaft die Stromerzeugung nicht aus dem Ärmel schüttelt, die Anlagekosten für Strom aus Wasserkraft sind extrem hoch und Alpenwasser fließt nur diskontinuierlich. Nur noch das Trift-Projekt macht Sinn, weil ein leeres Gletscherbecken durch einen Stausee ersetzt wird und der Hochwasserschutz für die Region Innertkirchen damit markant verbessert wird. Stauseen sind Mangelware und Fische werden von den Fischern nur solange gehätschelt, bis sie nach der Angel in der Pfanne landen…

  5. Das Kraftwerk Rheinau ist ein wirklich sauberer Stromlieferant und steht den Fischen nur ca. 11km vor der natürlichen Barriere Rheinfall etwas im Weg (kann sein dass kräftige Fische diese Barriere früher überwinden konnten). Gegen eine Fischtreppe ist sicherlich nichts einzuwenden. Aber dass uns der Naturschutz die schöne Spiegelung vom Kloster und der Musikinsel aus dem Rhein entfernen will, indem die Hilfswehre zurück gebaut werden, kann ich nicht verstehen. Denn wenn die Hilfswehre zurück gebaut sind, sieht der Rhein um Rheinau erbärmlich aus! Die schöne Rheinschleife ist entstellt und unser Naherholungsgebiet zerstört! In den Städten werden überall natürliche Seen angelegt für Naherholung und bei uns soll das mit viel Geld kaputt gemacht werden – ich verstehe das nicht.

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