StartNewsGesellschaftCO2-Dünger - komplett aus der Luft gegriffen

CO2-Dünger – komplett aus der Luft gegriffen

Eine Weltpremiere in Hinwil: Zum ersten Mal wird in kommerziellem Umfang CO2 aus der Umgebungsluft filtriert und als Dünger in ein Gewächshaus eingespeist. Möglicherweise wird damit der Weg für eine nachhaltige Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre bereitet.

Dünger aus Luft: So geht’s

Seit wenigen Tagen brummen auf dem Dach der Müllverwertungsanlage des Zweckverbands Kehrichtverwertung Zürcher Oberland (KEZO) in Hinwil 18 Ventilatoren vor sich hin. Sie sind Teil der weltweit ersten kommerziellen Direct-Air-Capture-Anlage, die von Climeworks in jahrelanger Forschungsarbeit realisiert wurde. Die Ventilatoren saugen unaufhörlich Umgebungsluft an, der in den CO2-Kollektoren das Treibhausgas Kohlendioxid entzogen wird.

In einem fortwährenden Zyklus filtern die Kollektoren CO2 aus der Umgebungsluft, geben es nach Erwärmung - durch die Abwärme der KEZO - wieder ab und entlassen CO2-freie Luft in die Umgebung. Das CO2 wird ins nahe gelegene Gewächshaus eingespeist. | © Climeworks
In einem fortwährenden Zyklus filtern die Kollektoren CO2 aus der Umgebungsluft, geben es nach Erwärmung – durch die Abwärme der KEZO – wieder ab und entlassen CO2-freie Luft in die Umgebung. Das CO2 wird ins nahe gelegene Gewächshaus eingespeist. © Climeworks

In den Kollektoren befindet sich das Herzstück der Anlage: ein Filter auf Zellulosebasis, der sich wie ein Schwamm mit CO2-Molekülen vollsaugt. «Unsere Filter werden innerhalb weniger Stunden mit CO2 gesättigt», erklärt Christoph Gebald, einer der beiden Begründer von Climeworks. Und ist es einmal soweit, werden die Filter mithilfe der Abwärme der KEZO auf knapp 100 Grad Celsius erhitzt. In der Folge lösen sich die CO2-Moleküle vom Filter und können in Speichern – oder in diesem Fall direkt in ein nahe gelegenes Gewächshaus der Gebrüder Meier – abgeführt werden. Alles was dann noch übrig bleibt ist heisse – wohlgemerkt CO2-freie – Luft, die zurück in die Umgebung entlassen wird.

900 Tonnen CO2 jährlich ins Treibhaus

Mit der 18 Kollektoren starken Anlage in Hinwil wird die Luft jährlich um 900 Tonnen CO2 «beraubt», die dem Gewächshaus zugeführt werden – so kann auf der 37’632 Quadratmeter grossen Gemüseanbaufläche eine Ertragssteigerung von 20 Prozent erzielt werden. Die Verwendung von CO2 zur Beschleunigung des Pflanzenwachstums ist ein gängiges Verfahren in dieser Branche. Denn erhöhte Konzentrationen des Treibhausgases kurbeln die Photosyntheserate an – wodurch vermehrt CO2 und Wasser zu Biomasse umgesetzt werden. Bisher hat man bei den Gebrüdern Meier Lkws von weither anfahren lassen, um den CO2-Tank für die Begasung des Treibhauses zu befüllen. Dies kann nun direkt vor Ort und aus einer erneuerbaren Quelle geschehen.

Ein Treibhaus, das mit CO2 begast wird.
In den angrenzenden Gewächshäusern wird das Gemüse mit dem gesammelten CO2 begast. Die Konsequenz: Der Ertrag kann um bis zu 20 Prozent gesteigert werden. © Julia Dunlop, Climeworks

Den Kreislauf schliessen

Die innovative Technologie soll helfen den CO2-Kreislauf zu schliessen. Das CO2, welches durch unsere Industrien und den Verkehr emittiert worden ist, soll nicht in der Atmosphäre verweilen, sondern neue Verwendung finden. Dabei ist Dünger, wie im Vorzeigebeispiel in Hinwil, nur eine Option. Weiter kann konzentriertes CO2 als «Blötterli» in Getränken, Verpackungsgas bei frischem Fleisch oder Gemüse oder für die Herstellung von Treibstoff und synthetischen Stoffen verwertet werden. Damit solche Direct-Air-Capture-Anlagen effizient sind, sollten sie wie in Hinwil durch die Abwärme naheliegender Industriegebäude betrieben werden können. Andernfalls muss viel zusätzliche Energie für die Anlagen aufgewendet werden.

Visionäre am Werk

Eine angesichts der steigenden Treibhausgasemissionen besonders attraktive Anwendungsmöglichkeit ist die effektive Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre. Dazu wird das herausgefilterte CO2 mitsamt dem Speichergefäss an einem geeigneten Ort gelagert. Doch wird sich auch hier die Frage stellen, wo und wie genau sich dieser optimale Lagerort finden lässt. Die Gründer von Climeworks haben sich aber bereits das Ziel gesetzt bis 2025 ein Prozent der weltweit jährlich anfallenden CO2-Emissionen – das entspricht 300 Millionen Tonnen des Treibhausgases – mit ihren Anlagen einzufangen. Um dieses ambitionierte Ziel erreichen zu können, müssten 750’000 mit CO2-Kollektoren gefüllte Schiffscontainer installiert werden – ein umfangreiches Projekt, das die Weltwirtschaft nach Einschätzung von Climeworks durchaus bewerkstelligen kann.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website von Climeworks.

3 Kommentare

  1. Nett gedacht, aber wenn das Gemüse gegessen und veratmet ist, dann ist auch dieses CO2 wieder frei, oder?
    Was bleibt, ist der zusätzliche Energie- und Materialaufwand und heisse Luft. Brauchen wir das?

  2. Das Problem ist nicht so sehr technischer Natur. Das Problem ist dagegen politischer Natur: Wer soll das bezahlen? Wenn es die Weltgemeinschaft nicht bewerkstelligt, dass rechtzeitig auf allzu viele CO2-Emissionen verzichtet wird, dann schafft sie es x-fach nicht, dass die viel höheren Kosten von CO2-Abscheidung getragen werden. Kurz: Ohne Weltregierung, welche die Kostenübernahme verordnen kann, ist der Satz: «Um dieses ambitionierte Ziel erreichen zu können, müssten 750’000 mit CO2-Kollektoren gefüllte Schiffscontainer installiert werden – ein umfangreiches Projekt, das die Weltwirtschaft nach Einschätzung von Climeworks durchaus bewerkstelligen kann», einfach nur Müll. Oder anders kommentiert: WENN es eine Weltgemeinschaft gäbe dann … . Nur, das ein ein ganz grosses WENN. Wer will, dass es die Menscheit schafft, dass, wie das IPCC träumt, CO2 wieder aus der Luft genommen wird, der muss nicht Geräte entwickeln und positivistisch-verlogene Medienmitteilungen verschicken. Der muss daran arbeiten, dass eine Weltgemeinschaft entsteht. Also ihr Leute bei Climworks. Reisst das Ding wieder runter! Krempelt die Ärmel hoch und arbeitet am wirklichen Problem! Arbeitet an der gesellschaftich-politischen Herausforderung. Aber hört damit auf, Jünger von Jesus von Nazareth zu spielen und eine gute Botschaft zu verbreiten — die in Wahrheit komplett haltlos ist.

  3. Dünger? Hab ich bis anhin immer mit N oder P in Verbindung gebracht. Und dann sollen wir einfach langsamer atmen nachdem wir das Gemüse gegessen haben? Ich begreiffs auch nicht und bitte meinen Denkfehler aufzuklären.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte Kommentar eintragen
Bitte geben Sie ihren Namen hier ein

Newsletter Anmeldung

Erhalten Sie die neusten Jobs und News.

Dank Ihrer Hilfe können wir spannende Artikel aufbereiten, den Veranstaltungskalender pflegen und die Job-Platform betreuen.

TOP-NEWS