StartHintergrundWissenEin Schlaraffenland für die Zugvögel

Ein Schlaraffenland für die Zugvögel

Beatrix Mühlethaler
Beatrix Mühlethaler
Beatrix Mühlethaler ist begeisterte Naturgärtnerin. Sie befasst sich als Journalistin vorwiegend mit Natur- und Umweltthemen und setzt sich an ihrem Wohnort für die heimische Flora und Fauna im Siedlungsraum ein. Fortbildung und Freude bieten ihr der eigene Naturgarten sowie Gemüse- und Beerenkulturen.

Zwar sind die Blüten und ihre Liebhaber im Garten spärlich geworden. Aber noch einmal erwacht der Naturgarten im Herbst zu neuem Leben: die Zugvögel und Wintergäste sind da! Sie rasten an Orten, wo es etwas zu futtern gibt und sie ihre Fettreserven aufbauen können.

Ein herbslicher, naturnaher Garten.
Im Garten zieht der Herbst ein. © Beatrix Mühlethaler

Selbstverständlich lasse ich im Herbst alle Samenträger stehen, die für Vögel attraktiv sind. Generell schneide ich nur das Nötigste weg, beispielsweise die Teile von Pflanzen am Wegrand, die jeweils im Winter umkippen. Im Spätsommer und Herbst empfinde ich jeweils am stärksten, wie wichtig ein Naturgarten für die Vögel ist. Insbesondere bei regnerischem Wetter flattert und zwitschert es in meinem Garten wie in einer Voliere.

Star nascht an den roten Beeren im Garten.
Star auf Naschtour. © Beatrix Mühlethaler

Offensichtlich haben Durchzügler ihren Flug für eine Rast unterbrochen und nutzen den ergiebigen Futterplatz mit seinen Samen, Beeren und Insekten. Leider kann ich das wilde Treiben, das ich durchs Fenster beobachtete, meist nicht fotografisch festhalten. Denn sobald ich eine Türe nur einen Spalt weit öffnete, flüchten alle in Verstecke. Nur Star und Blaumeise liessen sich nach vorsichtigem Anschleichen ablichten.

Die Pfaffenhütchen bieten Nahrung für Vögel im Herbst.
Reich gefüllte Pfaffenhütchen. © Beatrix Mühlethaler

Etliche Stare hatten es auf die orangen Früchtchen des Pfaffenhütchens abgesehen. Nach dem Vogelbesuch hingen am Busch lediglich noch die hübschen rosa Fruchthüllen. Ein noch grösserer Schwarm der vorwitzigen Vögel machte sich laut pfeifend über die Trauben her, obwohl diese – vielleicht geschädigt durch die Kirschenessigfliege – bereits unansehnlich geworden waren. Amseln und Mönchsgrasmücken hingegen pflückten vorzugsweise die dunkelroten Früchte des Weissdorns, nachdem sie den Holunder schon längst abgeräumt hatten.

Die Karde bietet einen riesigen Samenvorrat.
Karde mit riesigem Samenvorrat. © Beatrix Mühlethaler

Grün- und Distelfinken turnen im Garten meist auf Karden und Wegwarten herum und klauben aus den Samenständen das Fressbare heraus, während die Buchfinken und Feldsperlinge am Boden nach Samen stöbern. Zilpzalp und Hausrotschwanz suchen Büsche und Bäume nach Insekten ab. Das tun auch die Meisen, die teils ebenfalls ziehen, teils aber auch einfach aus den Wäldern in die Gärten dislozieren.

Blaumeise im Garten.
Die Blaumeise als Wintergast. © Beatrix Mühlethaler

Insbesondere die Blaumeise benutzt meinen Garten von Herbst bis Frühling zum Nahrungserwerb, verschmäht ihn aber trotz geeignetem Nistkasten als Brutquartier. Liegt es wohl an den vielen Nachbarskatzen, die durch den Garten streifen?

Katze im Garten.
Katze auf Rückzug vor der Gärtnerin. © Beatrix Mühlethaler

Auch Rotkehlchen und Zaunkönig schrecken möglicherweise wegen der herumschleichenden Katzen davor zurück, im Garten zu brüten. Asthaufen, in denen sie ihre Bodennester anlegen könnten, wären vorhanden, werden von ihnen aber nicht zu diesem Zweck genutzt. Erst im Herbst lassen sie sich herbei und bleiben den ganzen Winter durch hier.

Ein Rotkehlchen sitzt nahe der Gärtnerin.
Zutrauliches Rotkehlchen. © Beatrix Mühlethaler

Über die Gesellschaft des Rotkehlchens freue ich mich immer ganz besonders: Es handelt sich dabei um Winteraufenthalter aus dem Norden, die hier ein Revier beziehen und es mit Gesang markieren. Der hübsche Gesang erhellt düstere Winterabende und begleitet mich am Morgen beim Gang zum Briefkasten. Ausserdem sind diese Zuzüger jeweils sehr zutraulich: Sie schauen neugierig zu, wenn ich im Garten werke. So kam auch dieses Bild zustande.

Altes Obst zieht Hornusse an.
Obst zieht Hornusse an. © Beatrix Mühlethaler
Altes Obst zieht Fliegen an.
…und Fliegen. © Beatrix Mühlethaler

Ein Anziehungspunkt besonderer Güte ist im Herbst ein Garten oder eine Bauernwiese, wo Fallobst liegt. Nicht nur Vögel picken gerne an den Früchten. Unzählige Insekten folgen der Duftnote, die das gärende Obst verbreitet. Neben diversen Fliegen- und Wespenarten lassen sich auch Schmetterlinge herbei, um Säfte zu tanken.

Admiral mag altes Obst und saugt daran.
Admiral saugt gerne an Obst. © Beatrix Mühlethaler

Zu diesen Kostgängern gehört ein Falter, der wie die Zugvögel im Herbst auf Wanderschaft ist: der Admiral. Er kann im Frühjahr aus dem Süden über die Alpen flattern und hier für Nachwuchs sorgen. Zum Überwintern steuern die Nachkommen wiederum südlichere Gegenden an. Immer wieder staune ich auf herbstlichen Bergwanderungen über die zarten Geschöpfe, die in der kühlen Bergluft an mir vorbeifliegen – südwärts. Der Klimawandel scheint allerdings das klassische Wandermuster verändert zu haben: An milden Orten kann der Schmetterling nördlich der Alpen überwintern.

Die Hagenbuten bieten sich super als Wintervorrat an.
Hagebutten als Nahrungsvorrat. © Beatrix Mühlethaler

Einige Obstreserven sparen sich die Tiere für den Winter auf. Zumindest lassen mich das die Beobachtungen in meinem Garten vermuten. So kann ich mich immer bis tief in den Winter an den dekorativen Hagebutten freuen. Erst dann tauchen Amseln in Scharen auf und pflücken Frucht um Frucht.

2 Kommentare

  1. Ja, ein Naturgarten ist eben ein Lebensraum. Das vergessen viele Leute, die sich aus Ordnungsliebe einem Naturgarten verweigern und sich dann wundern, dass so gar keine zwitschernden Vögel in ihrem «Paradies» auftauchen. Also liebe Leute, nur Mut zur Natur, auch im Garten!

  2. Man mag ganz allgemein die Vögel, vorallem die herzigen mit rotem Brüstchen und blauem Käppchen. Dass diese zwitschernden Geschöpfe aber auch etwas zu fressen und einen sicheren Ort zum Nisten und schlafen brauchen, so weit reicht dann die Liebe zu diesen Tieren doch nicht, sie sind ja trotzdem da…..und wer bemerkt es schon, dass es immer weniger werden….Merci für diese schön bebilderte Geschichte!

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