StartHintergrundWissenLaubbläser: blas uns doch!

Laubbläser: blas uns doch!

Christine Dobler Gross
Christine Dobler Gross
Christine Dobler Gross ist begeisterte Naturgärtnerin. In ihrem Garten in Zürich hat es nicht nur Platz für viele verschiedene Pflanzen, sondern auch für Wildbienen, Glühwürmchen und andere Tiere. Sie ist Präsidentin des Vereins Natur im Siedlungsraum NimS. Im Blog «Hotspot Naturgarten» schreibt sie regelmässig über Beobachtungen aus ihrem Naturgarten.

Das Thema Gartenunterhalt möchte ich explizit wegen des Laubbläsers nochmals aufgreifen: Sind Laubbläser für Gärtner wirklich so unentbehrlich geworden, wie immer behauptet wird? Ein Interview.

Feuerwanzen am Boden.
Feuerwanzen. © Christine Dobler Gross

Hans S. arbeitet in einem von Bioterra zertifizierten Fachbetrieb für naturnahen Gartenbau und leitet die Abteilung Unterhalt. Der Betrieb bietet auch Pflege und Unterhalt von Privatgärten an. Ich unterhalte mich mit Hans über seine Erfahrungen in der Gartenpflege und welche Rolle der Laubbläser, dieses heftig umstrittene Gerät, in seinem Alltag spielt.

Wanzenlarven auf verblühter Blüte.
Wanzenlarve. © Christine Dobler Gross

Wenn ich mit Leuten des Gartenunterhalts über ihre Arbeit rede, landet das Thema schnell einmal bei der Anwendung des Laubbläsers. Oft sagen sie, dieses Gerät erleichtere ihnen ihre Arbeit. Sind das auch Deine Erfahrungen?

Hans: Eine Arbeitserleichterung bringen diese Geräte meiner Meinung nach nicht: sie sind schwer und laut, die Benutzer müssen einen Gehörschutz und sollten einen Mundschutz tragen.

Eine Wespenspinne mit ihrem Cocon.
Wespenspinne mit ihrem Cocon. © Christine Dobler Gross

Was sagst Du zum Argument der Zeitersparnis?

Hans: Eine Zeitersparnis ist dort möglich, wo man sehr grosse Flächen reinigen muss (öffentliche Plätze) oder verwinkelte Areale wie z.B. das Reinigen unter Veloständern. In einem kleineren Hausgarten oder einem Liegenschaftsumschwung um 500 Quadratmeter Grösse bringt das Gerät keine Zeitersparnis.

Es wird argumentiert, der Laubläser sei unentbehrlich geworden für den von den Kunden erwartete Sauberkeitsstandard.

Junger Igel steht vor seinem Nest im Garten.
Junger Igel vor dem Nest. © Christine Dobler Gross

Hans: Was den Sauberkeitsstandard betrifft, so schaffen alle diese neuen Geräte und Maschinen neue Bedürfnisse. So wird ein zunehmender Perfektionismus betrieben, die Leute gewöhnen sich daran, dass beispielsweise kein Laub mehr auf den Wegen herumliegt, die Rasenkanten schnurgerade geschnitten werden. Geräte wie Tellersensen, Fadenmäher, Laubbläser verdrängen Sense und Besen, mit welchen weniger perfektionistisch gearbeitet werden kann.

Arbeitest Du selber mit dem Laubbläser?

Hans: Wie gesagt brauchte ich den Bläser, als ich unter Veloständern reinigen musste, was mit dem Besen umständlicher gewesen wäre. Ich brauche den Laubbläser sonst nicht in meiner Arbeit, meine Kundschaft wünscht dies auch nicht. Im Gegenteil: einige, auch Leute ohne naturnahen Garten, wünschen explizit, dass in ihrem Garten nicht mit dem Bläser gearbeitet wird.

Eine Larve des Leuchtkäfers kriecht über den Boden.
Larve des Leuchtkäfers. © Christine Dobler Gross

Wie geht ihr allgemein damit um in eurem Betrieb, der naturnah arbeitet?

Hans: Wir haben einen Laubbläser, der hin und wieder eingesetzt wird, auf Kiesflächen zum Beispiel. In unserm Team sind aber die Leute sehr zurückhaltend bis ablehnend dem Einsatz der Geräte gegenüber. Einzig einer benutzt ihn gerne, was mit seinem Perfektionismus zu tun hat.

Die vielen wie Pilze aus dem Boden schiessenden privaten Kleinbetriebe, die Hauswartung, Gartenpflege und –Unterhalt in einem anbieten, und dies günstig: sind diese eine Konkurrenz für euch?

Hans: Ja klar, sie arbeiten billig, weil unqualifiziert und schlecht bezahlt. Wir müssen immer wieder einmal Korrekturschnitte von Bäumen machen, die von solch unqualifizierten Leuten nicht fachgerecht geschnitten wurden. Das ist keine dankbare Aufgabe.

Die Raupe Buchen-Streckfuss läuft über ein Blatt.
Buchen-Streckfuss, Raupe. © Christine Dobler Gross

Was ist Deine persönliche Haltung gegenüber den Laubbläsern?

Hans: Die Geräte sind unsäglich laut – unverständlich, dass hier keine Grenzen gesetzt werden wie anderswo, wo Zulassungen an die Bedingung leiserer Motoren geknüpft werden. Die Geräte verursachen gesundheitliche Schäden durch aufgewirbelten Feinstaub, Schimmelpilzsporen usw., die Lungenliga müsste eigentlich schon längst aktiv werden, eine Studie dazu veranlassen. Mich würde auch interessieren, ob Bioterra für die von ihnen zertifizierten Betriebe Richtlinien herausgibt zum Gebrauch dieser Geräte.

Ich danke Dir für dieses Gespräch und wünsche Dir weiterhin viel Freude an deinem Beruf und eine interessierte Kundschaft.

Eine kleine Waldmaus versteckt sich hinter der Vegetation.
Kleine Waldmaus. © Christine Dobler Gross

4 Kommentare

  1. Wie steht es mit der Effizienz der Laubbläser und den ökologischen Folgen z.B. für Kleinstlebewesen beim Heuen auf Alpweide? Weiss da jemand was oder gibt es dazu gar schon wissenschaftliche Untersuchungen?

    • Ja, im Kanton Nidwalden wurde ein Versuch gemacht und die Ergebnisse wurden dieses Jahr publiziert. Details sind auf der Homepage http://www.pronatura-uw.ch unter dem Projekt «Versuch Heublasen Stöckmatt» zu finden (inkl. Bericht in Agrarforschung Schweiz).

  2. Dass auf lärmigen Strassen damit hantiert wird, bei geparkten Autos und Velos, stört niemanden, die Räumfahrzeuge die (in Zürich etwa) rund um die Uhr im Einsatz sind (etwa am Pfingssonntag in Aussenquartieren) die sind ja nicht leiser. Es ist aber unsäglich, dass trotz anhaltender Kritik Gemeindedienste mit diesem Gerät selbst in Friedhöfen und auf Waldwegen die Ruhe Suchenden nerven.

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